Reden hilft – besonders in Zeiten der Pandemie

Weihnachten (1)

Wir haben viel gelernt in den vergangenen zwei Jahren. Wir setzen automatisch unsere Masken auf, haben uns unseren Home-Office Arbeitsplatz eingerichtet und unseren Alltag pandemietauglich umgestaltet. Wir haben gelernt unter den veränderten Corona-Bedingungen andere Entscheidungen zu treffen. Unseren Umgang mit Herausforderungen dieser Zeit modifizieren wir Tag für Tag aufs Neue. Wir haben auch viele neue Begriffe kennengelernt: Inzidenz, R-Wert, Hospitalisierungsrate, PCR-Test, Schnelltest, Omikron, Booster und es geht immer so weiter. Ständig kommen neue Erkenntnisse und neue Entwicklungen hinzu und permanent passen wir unser Verhalten daran an. Orientierung zu erhalten durch staatliche Vorgaben fällt schwer in Anbetracht der derzeit 60. (!) Änderung der Eindämmungsverordnung (in Hamburg). Klar, die Medien berichten über die neuesten Regelungen, aber sobald wir uns außerhalb der medialen Highlights bewegen, tauchen Fragen auf.

Und wir beantworten sie uns dann jeweils so gut es geht und je nach unserer Situation, unseren Lebensumständen, unserer Befindlichkeit. Ich war zum Beispiel im November in der öffentlichen Sauna. Ich liebe saunieren und vermisse es schmerzlich. Zu dem Zeitpunkt war es laut Verordnung unter 2G Bedingungen erlaubt. Ich saß dann in der Finnischen und freute mich auf den Aufguss. Die Sauna füllte sich immer mehr. Von eineinhalb Metern Mindestabstand konnte in kürzester Zeit keine Rede mehr sein. Meine Freude kippte und ich fühlte mich so unwohl, dass ich die Sauna kurz darauf verließ. Entspannung sieht anders aus. Noch am gleichen Abend und auch in den folgenden Tagen versuchte ich mittels Tests Sicherheit darüber zu erlangen, mich nicht infiziert zu haben. Ich reduzierte meine Sozialkontakte noch weiter als sowieso schon, um nur ja niemanden unabsichtlich zu infizieren und bedauerte meinen unbedachten Saunabesuch heftig. Vor allem aber: ich vermied davon zu erzählen. Ich wollte nämlich niemanden beunruhigen.

Und das brachte mich auf den Punkt, um den es mir hier geht:

Ja, wir alle finden in der Regel Lösungen. Es sind aber individuelle Lösungen. Es gibt derzeit keinen „common sense“ zum Umgang mit der Pandemie. Wir können nicht davon ausgehen, dass unser Gegenüber zu den gleichen Schlussfolgerungen gelangt, wie wir selbst, auch wenn er oder sie vor der gleichen Fragestellung steht. Prägnantestes Beispiel: Impfen oder nicht Impfen? Dazu gibt es eine Mehrheitsmeinung, sagen wir ca. 75% der Bevölkerung findet, dass Impfen einen adäquaten Umgang mit der Infizierungsgefahr darstellt. Der Rest findet das nicht, kommt zu einer anderen Schlussfolgerung für sich. Es gibt also kein gemeinsames Verständnis zu diesem Thema. Selbst bei den 75% geimpfter Personen endet der „common sense“ sofort hinter der Impflinie. Ich treffe mich mit Freunden, bin geimpft. Teste ich mich trotzdem vorher oder reicht der Status, den ich habe? Nehmen Sie vier Freunde und fragen sie nach den Antworten: sie werden sehr unterschiedlich ausfallen.

Außer:

Diese Vier haben sich vorher darüber verständigt, wie sie mit der Situation umgehen wollen. Dann haben sie ein gemeinsames Verständnis darüber hergestellt. Vielleicht hat einer der Vier den Vorstoß gemacht und gefragt: Seid ihr geimpft? Wollen wir uns alle einmal testen vor dem Treffen? Ein anderer antwortet darauf vielleicht, ihm sei das alles egal, er wolle sich sowieso nur draußen treffen. Der Dritte reagiert, indem er verkündet, dass er sich auch im Freien sicherer fühlt, wenn alle getestet sind und der Vierte rückt plötzlich mit der Information raus, dass er ungeimpft ist.

Die fiktiven Vier haben sich also auf den Weg gemacht, Bedingungen auszuhandeln, die für alle gangbar sind. Und genau dieses „Bedingungen aushandeln“ ist kein Selbstgänger und findet viel zu selten statt, weil wir uns nicht bewusst machen, dass es kein einheitliches Grundverständnis darüber gibt.

Meine Erfahrung mit Reaktionen auf meine jeweiligen Klärungsversuche zeigt mir jedenfalls, dass es keine Selbstverständlichkeit ist darüber zu kommunizieren. Wie sind Ihre Erfahrungen? Wie handhaben Sie den Umgang? Schreiben Sie mir gerne.

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