Wie wir auch in virtuellen Welten die Anderen wahrnehmen und ein besseres Gefühl bekommen

Design ohne Titel (28)

Unser Gefühl für uns selbst, unsere Wirkung auf andere, unsere Vorstellung von uns selbst in Bezug auf den Rest der Welt speist sich im Großen und Ganzen aus dem, was wir im Außen gespiegelt bekommen. Mimische, gestische und verbale Signale, auch die Körperhaltung und – bewegung geben uns permanent Hinweise. Was wir jeweils von außen gespiegelt bekommen kann Glücksgefühle auslösen oder auch Stress erzeugen. Aus dieser Form der Kommunikation nährt sich letztlich unser Selbstbewusstsein – einer der wichtigsten Faktoren der Resilienz.

Was aber passiert in Pandemiezeiten mit stark eingeschränkten Begegnungsmöglichkeiten mit dieser permanenten Selbstüberprüfung? Das ist natürlich allen klar: Wir vermissen die soziale Interaktion und erleben diese Zeit als erlebnisarm.

Eine Folge der pandemischen Entwicklung ist die sprunghafte Zunahme virtueller Konferenzen, Sitzungen und Teammeetings. So praktisch das einerseits ist, hat diese Art der Zusammenkunft doch einen gravierenden Nachteil:

Wir sitzen zuhause, schalten uns stumm oder gleich noch schwarz und beschäftigen uns zeitgleich mit anderen Dingen. Als Teamleiter oder -leiterin empfangen wir dann in der Folge selten bis gar keine Signale, die uns helfen einzuordnen, ob das Gesagte ankommt, verstanden und auch akzeptiert wird. Wir empfangen aber auch keine Spiegelung – die Nahrungsquelle für unser Selbstbewusstsein.

Stattdessen: Schweigende, ausdruckslose Köpfe, keine Zwiegespräche, keine Lacher, kaum erkennbare Zeichen von Interesse oder Sympathie. Wir verhungern in dieser Hinsicht natürlich auch als Teilnehmende ohne aktive Rolle. Kein Schulterschluss mit dem Kollegen, der ebenfalls genervt seufzt, kein schneller Austausch mit der Kollegin in der Kaffeeküche, ob sie verstanden hat, was von einem erwartet wird, kein lösendes gemeinsames Lachen bei einem Einwurf oder ein anerkennendes Klopfen auf den Tisch am Ende einer Sitzung…welche Beispiele auch gefunden werden: es fehlen diese Signale an unser Gehirn, die uns Bestätigung, Anerkennung, Gesehen werden und ein Gefühl von Zugehörigkeit verschaffen. Genauso fehlen auch die korrigierenden Signale: Woran merken Sie in Präsenzveranstaltungen, dass Ihnen niemand (mehr) zuhört? Da fallen uns sofort einige Hinweise ein. Woran merken Sie es im digitalen Raum?

Deshalb ist es so wichtig diese Bausteine des sozialen Kits, der unser Selbstwertgefühl reguliert und damit auch unsere Vorstellung von der Welt da draußen, in den virtuellen Kontext zu übertragen. Das ist gar nicht so schwer.

Folgende Faktoren helfen die Brücke zu schlagen und sind nützlich:

  • Nutzen Sie die Zeit bis alle Teilnehmenden eingetrudelt sind und fragen Sie die Anwesenden nach ihrem derzeitigen Befinden. Adressieren Sie direkt, sonst fühlt sich niemand angesprochen. (Vergessen Sie dabei niemanden!)
  • Kündigen Sie immer an, wenn Sie die Mikrofone als Host stummschalten. Machen Sie es niemals „einfach so“.
  • Erlauben Sie ausdrücklich und proaktiv Wortbeiträge und legen Sie die Melderegeln vor der Sitzung fest. Tun Sie das vor jeder Sitzung. Fragen Sie, ob diese Regelung die Zustimmung der Anwesenden findet. Fragen Sie überhaupt viel! Aktivieren Sie Ihre Zuhörenden!
  • Legen Sie Regeln fest, die auch explizit die Erlaubnis beinhalten, nebenher etwas anderes tun zu dürfen. Zeigen Sie damit auch gleich Ihren Humor und Ihr Verständnis.
  • Schlagen Sie vor, dass alle mit aktiviertem Videobild teilnehmen und fragen Sie, ob jemand eine Ausnahmeregelung für diese Sitzung benötigt – falls ja: fragen Sie mitfühlend nach dem Grund. Geben Sie einem solchen Wunsch immer nach und zwar gerne.
  • Schildern Sie Ihr Erleben als Vortragende/r vor „statischen silent heads“ und bitten Sie um Reaktionen. Erzeugen Sie Lacher, Kopfnicken, Handwedeln, indem Sie diese Äußerungen wahrnehmen und darauf eingehen. Fragen Sie nach!
  • Bauen Sie in ihr Meeting seelische „Break-out-rooms“ ein. Geben Sie Ihren Mitarbeitenden mehrfach die Möglichkeit in kleinerer Runde in einen Austausch zu treten, der nicht unmittelbar mit dem Thema des Meetings zu tun hat – schaffen Sie eine virtuelle Kaffeeküche!
  • Fragen Sie aktiv nach Feedback, nach einer Einschätzung, nach der Meinung eines jeden Teilnehmenden einzeln – die Zeit, die das kostet, amortisiert sich doppelt und dreifach durch aktivierte und geistig Anwesende. Bauen Sie diese Abfragerunden mehrfach in ein Meeting ein! (ein kleiner aber feiner Nebeneffekt: Sie werden sehr schnell eine Verschlankung der Meetings feststellen, wenn Sie eine entsprechende „Abmeldekultur“ erlauben.)

Das sind nur einige Möglichkeiten. Sicherlich eignen sich bestimmte Maßnahmen nicht mehr so gut bei größeren Sitzungen, aber überlegen Sie, ob eine große Anzahl an Teilnehmenden wirklich nötig ist.

Fallen Ihnen weitere Maßnahmen ein, die hilfreich sein können? Schreiben Sie mir gerne!

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